Maximilian Tauscher Gedenkworte am 8.Mai 2015 bei der Kranzniederlegung
Wir gedenken heute aller Toten und Geknechteten der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, die von Deutschland ausging und viel Leid und Zerstörung über ganz Europa, ja über die ganze Welt brachte.
Wir wissen, dass die Ursachen für den katastrophalen Zusammenbruch und die äußere Teilung Deutschlands und Europas in der Machtergreifung Adolf Hitlers mit der nationalsozialistischen Diktatur liegen.
Die Verantwortlichen des Nationalsozialismus teilten die Menschen in Arier und Nichtarier, in lebenswertes und nicht lebenswertes Leben ein.
Nur wenige Kilometer entfernt von diesem Ort wurde in der Villa der Wannsee-Konferenz die „Endlösung der Judenfrage“, das heißt, die Vernichtung der europäischen Juden beschlossen.
Alle überlieferten dokumentarischen Bilder und Töne können nur einen Bruchteil der Grausamkeiten des von Menschen erdachten und ausgeführten industriellen Mordens erahnen lassen, sie können nur eine schwache Vorstellung der erlittenen Qualen vermitteln.
Unsägliche Schmerzen fügten die sogenannten „Herrenmenschen“ den Inhaftierten in den Konzentrationslagern zu.
Wir beklagen den millionenfachen Mord an den rassisch Verfolgten,
an den um ihrer Glaubensüberzeugung und ihrer politischen Auffassung oder ihrer Lebensweise willen Eingekerkerten und Hingerichteten.
Wir beklagen, dass auch in unserem Ort Menschen als KZ-Häftlinge, als Zwangs-und Fremdarbeiter gelitten haben.
Wir gedenken aller Toten des Zweiten Weltkriegs.
Wir ehren die gefallenen Soldaten der Alliierten, die die Herrschaft des Nationalsozialismus in Deutschland und in Europa unter Einsatz ihres Lebens beendeten.
Wir trauern um die deutschen Soldaten, die irregeleitet für einen verbrecherischen Krieg bei den Kampfhandlungen oder in der Gefangenschaft gestorben sind.
Wir beklagen das unsägliche Leid, das im Krieg, bei Flucht und Vertreibung so viele wehrlose und unschuldige Menschen erlitten haben.
Der Potsdamer Historiker Martin Sabrow erklärte in der Feierstunde des Landtages zum 8.Mai:
„Das Wissen um die Irrwege der deutschen Geschichte schützt wenig vor den Bedrohungen unserer politischen Gegenwartskultur.
Gegen die Brandsätze von Tröglitz hilft das Wissen nicht, dass an derselben Stelle vor 70 Jahren der KZ-Häftling Imre Kertész gelitten hat.
Dieser Befund macht das Projekt der erinnernden und gedenkenden Aufarbeitung nicht überflüssig, in das wir in den vergangenen Jahrzehnten gerade in Deutschland, aber längst auch im europäischen Ausland so viel investiert haben.
Wir müssen an der gegen so viel Abwehr und Ausweichen erreichten Intensität der Auseinandersetzung mit unserer furchtbaren Vergangenheit festhalten – aus Respekt vor den Opfern, aus Respekt vor der Wahrheit, aus Respekt vor uns selbst.
Aber sie sollte uns nicht in dem fatalen Glauben wiegen, dass es damit getan sei – die Aufarbeitung der belasteten Vergangenheit sichert noch nicht den Weg in eine unbelastete Zukunft.“
Maximilian Tauscher